René – ich wünsche mir ein Happy End

„Ich bin in Berlin, weil meine Frau einen Personalausweis neu machen musste. Die spanische Botschaft, wo ich eigentlich hinwollte, auswandern. Spanien, hat sich geweigert. Wir mussten also wieder nach Deutschland, weil die spanische Regierung mit abgelaufenem Pass nichts macht. Da kriegst Du keine Sozialhilfe, da kriegst du nur Ärger. Also haben wir uns überlegt, entweder wir bleiben illegal in Spanien oder wir machen alles richtig, legal mit offenen Karten, zurückgehen. Und da war das Thema welche Stadt. Berlin wollten wir immer schon, ich kenn Berlin aus der Love-Parade-Zeit, meine Frau nicht. Da haben wir uns für Berlin entschieden. Wir hätten überall hingehen können, Hamburg, München, die spanische Regierung hätte alles bezahlt. Flug.“

Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder illegal in Spanien zu leben, immer Angst haben vor Polizei oder was kann passieren. Oder zurückgehen, alles klären und zurückkommen. Wir dürfen also zurückkehren, sofort.

Spanische Polizei. Es gibt drei Arten von Polizisten. Guardia Civil ist Militärpolizei. Nicht anlegen, aus dem Weg gehen. Finger weg, lass die in Ruhe, die hauen drauf. Dann die Polizei National, die ist auch für Ausländer zuständig, also wenn dem Ausländer sein Portemonnaie geklaut wird. Und dann die lokale. Die lokale, die wollen noch nicht einmal deinen Ausweis sehen. Die wollen nur Ruhe. Wir haben meistens mit der lokalen gesprochen, da läufts, da geht’s.

Spanien hat uns den Rückflug bezahlt, hier angekommen. Ich hab von vornherein gewusst, es wird ein hartes Pflaster in Deutschland. Ich kein Job, keine Wohnung, meine Frau krank. Wir haben dann eine Woche hier auf der Straße in Berlin verbracht. Bahnhof Zoo hat uns ziemlich geholfen, der Soziale Dienst. Und der Psychologe vor Ort hat uns gleich gesagt, die Polizei kontrolliert dich hier vor Ort.

Meine Frau wurde dann zwangsweise ins Krankenhaus nach Baden Württemberg verbracht in eine Klinik. Ich war eine Woche dort in einer Notunterkunft, wo ein Galgen hängt. Du musst dir vorstellen, wo am Träger, Stahlträger, ist so eine senkrechte Schnur drunter, eine Wäscheleine. Und ich lieg da die ganze Zeit, kann nichts tun, fang wieder an zu trinken, und da kommt der Gedanke „schöner Galgen“. Ich habe mich aber sehr schnell besonnen. Zum Psychologen vom Bahnhof Zoo: geht nicht, kann ich nicht, ich werd zum Alki, keine Arbeit und nichts zu tun in dem kleinen Kuhkaff, ich will zurück nach Berlin. Ok, komm hierher. Bin ich auch wieder am Wochenende drauf hergefahren, mit offenen Armen empfangen. Eine Woche hats gedauert, dann habe ich meinen Platz im Wohnheim bekommen. Seitdem wohne ich im Wohnheim. Obdachlos so gesehen bin ich nicht.

Die schönsten Momente in meinem Leben sind zu sehen, wie Menschen funktionieren. Hört sich jetzt irgendwie komisch an, aber wenn man das manchmal so sieht, das ist wirklich schön. Ich war in Spanien beim Aldi und hab geschnorrt. Mein Schild „Help – Hunger“. Und Mutter mit Zwillingen, die sehen mich, rein zu Aldi, kaufen ein. Die Kiddies kommen raus, jeder ein Euro, schmeißen mir das rein, und noch ein Brot. Die Mutter schaut mich an, schaut die Kinder an, darf ich das überhaupt annehmen so von Kindern. Ja, alles gut. Die Mutter ist überrascht über ihre eigenen Kinder, die Mutter umarmt ihre Kinder. Das ist wunderschön! Das zu erleben, sowas mitzubekommen.

Nach Stuttgart wollen wir nicht wieder, das wäre alte Clique, alte Freunde, das wäre nichts. Ich möchte meine Frau nach Berlin holen in die Klinik. Mit den Ärzten zusammenzuarbeiten, um ein vernünftiges Leben für meine Ex-Frau zu bekommen. Spanien, wir wollen wieder nach Spanien. Deutschland ist tot, Deutschland ist kalt, tot, untragbar eigentlich.

Ich wünsche mir ein Happy End.“

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